Jedes Mal ein bisschen besser. Hoffentlich.
Oder: Meine zehn Lieblings“tricks“
Für die, die’s noch nicht wissen vorneweg: Ich liebe Audio-Slide-Shows. Und ja: Das ist was mit Bildern und doch irgendwie Radio. Denn Audio-Slide-Shows machen Lust aufs Zuhören und sind so gesehen (!:)) „Radio für die Augen„.
In meinem neuesten Stück geht’s um einen Wissenschaftler, der (nicht nur) in Bhutan, die Wanderwege wilder Tiere untersucht:
Und selten hat mir eine Audio-Slide-Show so viel Spaß gemacht. Selten hab ich bei einer Audio-Slide-Show so viel gelernt. Denn nicht nur das Thema war mir neu. Mir ist dabei auch (vollends) klar geworden, worauf ich selbst bei Audio-Slide-Shows Wert lege. Was mir persönlich gefällt. Und was ich für wirkungsvoll halte. Ob das auch das ist, was anderen gefällt und wirklich wirkt? Sagt Ihr es mir…
Bis dahin: Hier meine zehn Lieblings“tricks“
- Ich will einen persönlich-gesprächigen Erzähler.
- Ich mache viele harte (Bild)Schnitte.
- Ich setze Effekte höchst sparsam ein.
- Ich erlaube mir „Bildlöcher“.
- Ich schneide konsequent nach Ton-Rhythmus.
- Ich erlaube mir „Text-Bild-Scheren“.
- Ich setze auf „Film“musik.
- Ich nutze sparsam aber gezielt Atmo und Geräusche.
- Ich erlaube mir – wenn nötig – Stille.
- Ich spiele mit Schrifteinblendungen.
Für mich braucht eine Audio-Slide-Show einen echten Erzähler. Einen, der persönlich, authentisch, emotional, unaufgesetzt rüber kommt. (All das eben, was auch im Radio den guten O-Ton ausmacht.)
Denn die Erfahrung lehrt: Die Bilder können noch so grandios sein. Aber wenn der Ton dazu was unpersönlich abgelesen Vorgetragenes hat, nimmt das selbst eindrucksvollsten Fotos die Kraft. (Vielleicht weil die Fotos zwar die Kraft eines Tons verstärken können, nicht aber umgekehrt? Fragt sich die Radiomacherin.)
Ich jedenfalls wollte für meine Tonspur einen echten Gesprächspartner. Ich wollte mich mit ihm unterhalten. Und das obwohl klar war, dass das in der späteren ASS keine Rolle spielen würde. Der Ton war von Anfang an als reine O-Ton-Collage gedacht, nicht als Interview. Aber die stärksten Momente sind in der fertigen ASS eben tatsächlich die, an denen das ursprüngliche Gespräch durchschimmert, finde ich:
Die amüsierte Antwort auf meine Frage zum Tigerspurenbild „Uuah. Sie haben Tiger verfolgt?“
Die Reaktion des Forschers auf das Fahrtbild auf der Gebirgsstraße und mein „Oha! Da braucht man aber auch Vertrauen zum Chauffeur, oder?“
Kurzum: So wie man gute O-Töne kriegt, kriegt man den guten Ton zur Audio-Slide-Show. Motto: Zum Erzählen anregen, Geschichten entlocken, ruhig, aufgeschlossen, zugewandt sein.
Ich liebe harte (Bild)Schnitte. Viele Audio-Slide-Shows im Netz arbeiten permanent mit Auf-, Ab- und Überblenden. Fast so, als wär das für diese Darstellungsform verpflichtend. Ich selbst kann das nicht leiden. Denn das ewige Geblende nimmt selbst schönsten Bildern ihre Wirkung.
Zum einen, weil viele Player die Blenden nicht ruckelfrei abspielen, der Übergang also immer wie ein Fehler wirkt. Zum andern aber auch, weil die fotografische Klarheit in den Blenden verloren geht. Die Bilder tauchen aus einem Wischi-Waschi-Nebel auf. Schade um alles, was der Fotograf sich (hoffentlich) bei Bildaufbau und -ausschnitt gedacht hat.
Ich bin damit übrigens nicht allein. Eric Maierson, einer der Multimedia-Audio-Slide-Show-Pionier-Erzählgötter von mediastorm hat schon vor Jahren die Devise ausgegeben: „Don’t use dissolves between images.“ Recht hat er.
Da können die Fotos noch so gut sein… “@radiomachen: Überblendungen selbst bei der stilsicheren BBC? http://t.co/hSdjMtSChV”
— Michael Hauri (@michaelhauri) 18. Juni 2014
Dennoch: Ganz habe ich nicht auf Blenden verzichtet. Manchmal eignen sie sich gut um Kapitel- oder Szenenwechsel zu markieren oder ein Bild passend zum Sound er-scheinen zu lassen. Aber eben nur dann.
Vorsicht bei Effekten. Auch das eine Warnung von Eric Maierson, die ich mit Freuden beherzige. Denn Zooms, Bildfahrten und bewegte Fotos nehmen der Audio-Slide-Show das, was sie eigentlich ausmacht: Ihre Ruhe. Ihre Tiefe. Im Gegenteil: Die Bewegung erweckt oft den Eindruck, als wäre die Audio-Slide-Show halt doch gerne ein Film. Es gelingt ihr nur nicht ganz. Schade drum also.
Erst recht, wenn man mit guten Fotos arbeiten darf. (Danke an dieser Stelle an Christian Ziegler, von dem die fantastischen Bilder für die Bhutan-Show sind.) Schließlich lebt ein perfekt komponiertes Bild vom gut gewählten Ausschnitt. Es sagt etwas aus, weil es den Blick im Bild führt, ohne es selbst zu bewegen. Aufgesetzte nachträgliche Bildfahrten stören diesen Effekt, finde ich. Meistens jedenfalls. Es gibt nur wenige Momente, wo ich mir eine Art kontemplative Bewegungsfahrt erlaube. Dann aber so langsam wie möglich.
Apropos erlauben: Ich verstoße gern gegen die üblichen Filmregeln. Schließlich ist ein Audio-Slide-Show kein Film.
Ich erlaube mir zum Beispiel „Bildlöcher“. Will heißen: An manchen Stellen ist in meinen Audio-Slide-Shows einfach nix zu sehen. Dann eben, wenn hören reicht. (Gruß von der Radiomacherin!) Oder wenn das nächste Bild um so eindrücklicher wirkt, weil es plötzlich erscheint.
Der Schnitt muss (dann) aber konsequent zum Ton passen, zum Rhythmus von Sound und Sprache. Also: Schrift steht – aufs harte „t“ von Tiere: Schrift weg – es bleibt Schwarz – auf „gesehen“: Bild mit nach oben blickenden Menschen.
Übrigens: Ich mache für meine Audio-SlideShows in der Tat erst die Tonmischung und dann die Bilder dazu. Denn ich persönlich treffe so besser den richtigen Rhythmus. Unvorstellbar, für einen Filmemacher! Und noch eine Film-Sünde:
Ich erlaube mir „Text-Bild-Scheren“. Denn: Ist das nicht herrlich? In der Audio-Slide-Show kann man das eine hören und das andere sehen. Und die Lücke dazwischen ergänzt die Fantasie. So muss man zum Beispiel den Wasserträger, der morgens in Bhutan unterwegs ist nicht sehen. Man hört von ihm. Und ergänzt ihn in Gedanken. Das wirkt magischer als jedes Foto von ihm. (Noch schöner demonstriert diesen Effekt übrigens Matthias Eberl in seinem Blog rufposten.de – Bitte runterscrollen zu „Verdrängung von Ereignissen im Film“)
Meine neueste Leidenschaft: „Film“musik in der Audio-Slide-Show. Das habe ich so noch nie gemacht. Doch bei diesem Thema drängte es sich mir auf. Denn Exotik, Ferne, Wildnis – da steckt so viel Emotion drin. Das schreit geradezu nach musikalischer Verstärkung. Und schon die ersten Versuche waren frappierend. Durch die Musik wirken Bild und Erzählung noch intensiver. Außerdem gibt die Musik zusätzliche Rhythmen vor, die die Erzählung strukturieren. Jedenfalls dann, wenn es die richtige ist. Und das weiß man erst, wenn man’s probiert. Immer und immer wieder. So lange, bis sich die Musik „richtig“ anfühlt.
Gute handwerkliche Tipps habe ich da leider (noch) nicht. Nur so viel: Die Musik zu dieser ASS habe ich von soundsnap, einer Plattform, die unter anderem musikalische Loops und Mini-Stücke verkauft – mit einem höchst fairen Rechte- und Bezahlmodell. Und Geräusche gibt’s da auch. Denn auch das gehört für mich zu einer guten Audio-Slide-Show:
Der gezielte Einsatz von Atmos, Geräuschen und – wenn nötig – Stille. Ganz besonderen Spaß hat mir das dieses Mal bei der „Knipsstrecke“ am Ende gemacht.
Denn das Klicken einer Fotokamera ist und bleibt ein Hinhör-Klassiker. Er erzeugt Spannung. Zack. Neugier. Zack. Und ein Warten auf den nächsten Auslöser. Und …hach… da kam er ja gar nicht. Denn genau das ist für mich der Witz an solchen Geräuschen: Man spielt mit ihnen und den Erwartungen, die sie auslösen. Sie bringen Spannung ins Spiel. Auch und besonders da, wo sie fehlen. Nach einer langen Passage mit Musik, Vogelgezwitscher und knisterndem Feuer zum Beispiel, die unerwartet in Stille endet. Auf einer gefährlichen Bergstraße.
Mein liebstes Stilmittel aber ist und bleibt die Schrifteinblendung. Am liebsten Weiß auf Schwarz. Denn nichts ist eleganter, prägnanter, schlichter. Nichts ist rhythmisch zwingender. Es verordnet dem Zuschauer eine Pause. Einen Einschnitt. Eine Besinnung aufs Wesentliche. Zugegeben: Manchmal dauert es ewig, den richtigen Satz, die richtigen (wenigen Worte) zu finden, die an dieser Stelle passen. Aber wenn der Text erst mal sitzt, fühlt es sich für mich beim Zuschauen an, als müsste ich die Luft anhalten. Und besonders freu ich mich über diese Überraschungsmomente, wenn da Schrift auftaucht, wo man sie nicht (mehr) erwartet.
Nochmal: Das sind meine Audio-Slide-Show-Lieblingstricks. Vielleicht habt Ihr ja andere? Dann lasst es mich wissen. Und wenn Ihr denkt: Wow. Das möcht ich auch lernen. Dann meldet Euch an. Den nächsten Workshop gebe ich am 18. Oktober in der Frankfurter Hörfunkschule.
…mit sorgsam dosierten Mitteln Effekthascherei im ganz puristischen und deshalb im positiven Sinn des Wortes – das zeichnet diese gelungene Audio-Slide-Show aus. Eine wunderbar ruhige und manchmal sehr pfiffige Verbindung von Bild, Musik und Erzähler.