Wie man Nachrichten sortiert.
Gregor Gradnig hat mir geschrieben. Er ist Nachwuchs-Radiomacher in Wien und möchte wissen:
Gibt es für den Aufbau einer Nachrichtensendung Grundregeln für die Reihung der Meldungen?
Meine Antwort:
Im Grunde gilt für die ganze Nachrichtensendung, was auch für die einzelne Meldung gilt: Das Wichtigste zuerst. Und daraus ergibt sich, dass (im Moment zum Beispiel) ZUERST gemeldet wird, wie’s um den der Streik der Lufthansa-Flugbegleiter steht und dann erst, in welcher Aufstellung die Deutsche Nationalelf heute Abend gegen die Färoer antritt.
Aber schon an diesem Beispiel sieht man: Wichtigkeit ist relativ. Denn: Was ist wichtig für wen? Einem Fußballfan, der heute nicht unterwegs ist, weder fliegen noch Auto oder Bahn fahren muss, ist die Mannschaftsaufstellung vielleicht wichtiger als der Streik. Und deshalb hängt die Reihung der Meldung auch vom Zielpublikum ab. Also: Wen willst Du erreichen, informieren? Wer soll Dir zuhören?
Zugegeben: Das ist eine moderne Art, Nachrichten zu sortieren. Früher ging man davon aus, dass es absolut und objektiv wichtige Ereignisse gibt, unabhängig davon, für wen das Programm sendet. Doch die Zeiten sind vorbei. Fast alle Nachrichtenredaktionen sortieren ihre Meldungen auch nach populären Interessen und der Überlegung: „Was interessiert/bewegt meinen Hörer“. Nur so konnte der Tod Robbin Gibbs vor kurzem in vielen Sendern „an der Eins“ laufen. Das hätte man früher eher klassisch ans Ende einer Nachrichtensendung gepackt. Auch eher alte Schule: Die Regel „Buntes am Schluss“. Inzwischen spielen manche Stationen sogar Meldungen aus dem Bereich Promiklatsch und -trasch mitten zwischen politisch Relevantem, Wirtschafts- und Regionalnews.
Das Konzept „Das Wichtigste zuerst“ ist also längst aufgeweicht. Und doch ist diese Entwicklung natürlich umstritten. Nachrichten-Puristen halten das für eine „Anbiederung“ an den Publikumsgeschmack. Was wirklich wichtig ist, würde dabei dem Boulevard geopfert.
Du siehst: Wie man Nachrichte sortiert, ist eine schwierige Frage, über die andere ganze Bücher geschrieben haben. Dietz Schwiesau und Josef Ohler zum Beispiel. Es gibt online auch eine schöne Übung. Und Nachrichtenberater Norbert Linke hat einen Blog zum Thema „Nachrichten im Radio“. Und auch im Nachrichten-Kapitel von „Radio machen“ findest Du weitere Erklärungen.
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